Fragen an die Publix-Residents: MedyaN

In jeder Newsletter-Ausgabe stellen wir Menschen vor, die im Publix-Haus ihr Büro beziehen. Diesmal: Nalan Sipar, Gründerin von MedyaN und erste „Civic Journalism Fellow“ von Allianz Foundation und Publix.

Nalan Sipar Porträt
© Manuel Krug

Nalan Sipar möchte die deutsche Medienlandschaft umkrempeln. Ihr Motto: Diverser Journalismus im Auftrag der Community. Und im Sinne der ganzen Gesellschaft. Seit Mai 2024 wird die 40-jährige kurdische Journalistin und Politikwissenschaftlerin Nalan Sipar als erste Civic Journalism Fellow von Allianz Foundation und Publix gefördert. Sie und ihr Team von MedyAn nutzen die Arbeitsplätze und Studio-Infrastruktur im Publix-Haus.

Mehr über das neue Fellowship erfahren Sie hier.

Worin besteht der Kern Eurer Arbeit?

Wir sind ein Digitalverlag und machen deutsch-türkischen Journalismus. Spezialisiert sind wir auf Video-Produktionen und kooperieren derzeit mit dem SPIEGEL im Bereich Video-Content.

Was ist das Ziel Eures Engagements?

Wir möchten die deutsch-türkische Community über das politische Geschehen in Deutschland informieren und aufklären. Unser mittelfristiges Ziel ist ein privates, deutsch-türkisches ARTE, das sich über Mitgliedschaften, Werbung und Sponsoring finanziert. Wir wollen die deutsche Medienlandschaft mit migrantischen Perspektiven bereichern und eine Brücke zwischen der Mehrheitsgesellschaft, Migrant:innen und auch den Herkunftsländern schlagen. Wenn das erreicht ist, möchten wir eine migrantische Journalist:innenakademie gründen, um angehende Medienmacher:innen mit Migrationshintergrund auf ein Volontariat vorzubereiten.

Was bereitet Euch Kopfschmerzen?

Migrant:innen, also 27 Prozent der Bevölkerung in Deutschland, zahlen Rundfunkgebühren und bekommen dafür kaum Formate angeboten, die sie interessieren. Uns bereitet Kopfschmerzen, dass es nur rund 6 Prozent Journalist:innen mit Migrationshintergrund gibt, obwohl 38 Prozent der unter 20-Jährigen einen Migrationshintergrund hat. Dass es kein Medienhaus auf dem Schirm hat, dass durch das neue Staatsbürgerschaftsrecht 17 Prozent der Bevölkerung in Deutschland die Möglichkeit haben werden, deutsche Staatsbürger:innen und somit wahlberechtigt zu werden. Bei der Bundestagswahl 2025 werden wir alle die Konsequenzen dieser Entwicklung sehen. Wir bei MedyaN glauben daran, dass Demokratien nur mit aufgeklärten Bürger:innen stark sind. Und deswegen übernehmen wir Verantwortung für unsere eigene Community, die in den vergangenen 60 Jahren von den Medien ignoriert wurde.

Was war Euer größter Erfolg der vergangenen Monate?

Unser Startup wurde im November 2023 gegründet. Wir sind also ein sehr junges Medium. In dieser Zeit haben wir eine Förderung von der unabhängigen NGO „Project Together“ erhalten, mit der wir im Sommer eine „migrantische Maischberger“ produzieren können. Außerdem wurde unser Format „Deutsch-Türkischer Klimakanal“ auf TikTok und Instagram durch das GROW Stipendium des Netzwerk Recherche und die Schöpflin Stiftung gefördert. Ab September darf ich für neun Monate als Knight Fellow an der Stanford University in Kalifornien forschen: Wie können wir die deutsche Medienlandschaft diverser gestalten? Welche Geschäftsmodelle eignen sich dafür?

Was ist die beste Lektüre zur aktuellen Lage?

„Geschichte eines Deutschen“ von Sebastian Haffner

Wer oder was hat unbedingt mehr Aufmerksamkeit verdient?

Die Kritik von Prof. Dr. Kai Hafez an der aktuellen Berichterstattung über den Konflikt zwischen Palästina und Israel

Was sollte man jetzt anhören oder ansehen?

Die Podiumsdiskussion mit dem Titel „Lass das mal unser Thema sein! Ein Perspektivwechsel für den Migrationsdiskurs“, an der ich zusammen mit Isabel Schayani, Yağmur Ekim Çay, Julia Boxler und Elena Kountidou auf der re:publica teilnehmen durfte.

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Photo: ©Manuel Krug

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