Fragen an die Residents: Media Forward Fund

In jeder Newsletter-Ausgabe stellen wir Organisationen vor, die im Publix-Haus ihr Büro haben. Diesmal: Martin Kotynek, Gründungsgeschäftsführer des Media Forward Fund.

Worin besteht der Kern eurer Arbeit?

Der Media Forward Fund fördert Medienvielfalt in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Unser Ziel: mehr Qualitätsmedien mit tragfähigen Geschäftsmodellen, die starke Inhalte publizieren und sich langfristig nachhaltig finanzieren. So stärken wir in unserer akuten Medienkrise den gemeinwohlorientierten Journalismus und damit die Demokratie.

Was beschäftigt euch im Moment am meisten?

Gerade haben wir unsere erste Förderrunde abgeschlossen. Die Jury hat 136 Bewerbungen geprüft und vier Medien eine Förderung von insgesamt 1,5 Millionen Euro zuerkannt. Alle Förderpartner haben einen Proof-of-Concept für eine neue Methode erbracht, um ein Abomodell aufzubauen. Mit unseren Fördermitteln können sie in diese Methode nun investieren und wachsen.

Nach welchen Kriterien habt Ihr die geförderten Medien ausgewählt?

Die Jury entscheidet nach 24 Vergabekriterien aus fünf Bereichen: Transformation, Nutzerzentrierung, Diversität, Unabhängigkeit und Qualität. Es gibt einen fünfstufigen Bewerbungsprozess, von Kurzintro über Erstgespräch, Antrag und Pitch zur Entscheidung.

Wer gehört zur Jury?

Aus Deutschland die Bewegtbild-Journalistin Eva Schulz (Deutschland 3000) und Publix-Intendantin Maria Exner. Aus der Schweiz Lucy Küng von der Oxford University, Expertin für Geschäftsmodelle und Organisationsentwicklung, sowie Yves Daccord aus der Romandie, früher Direktor des Internationalen Roten Kreuzes und Journalist. Und aus Österreich Evelyn Hemmer vom Start-Up Hashtag Media, die zuvor die Wiener Medienförderung aufgebaut hat.

Welche Plattformen haben die Förderung gewonnen?

Das Investigativmedium Dossier, das mit Live-Journalismus auf Theaterbühnen Mitglieder gewinnen will. Das Lokalmedium Tsüri, das mit einem hyperlokalen Nischenthema in Zürich zusätzliche Nutzer:innen gewinnen will. Das Medienhaus andererseits, das mit einem Newsletterangebot für Menschen mit und ohne Behinderung punkten will. Und das Investigativmedium Reflekt, das seine Recherchen gemeinsam mit reichweitenstarken Social Media Hosts einer jungen Zielgruppe zugänglich machen will, um danach ein Crowdfunding zu starten.

Woher kommt das Geld?

Der Media Forward Fund ist im Moment mit neun Millionen Euro dotiert. Die Fördermittel kommen von derzeit 20 Geldgebern aus Deutschland, Österreich, Schweiz und den USA, darunter Stiftungen, einem Impact Investor, einer Lotterie und zwei Bundesministerien. Zu den Unterstützern gehören etwa die Schöpflin Stiftung, Stiftung Mercator Schweiz, ERSTE Stiftung, MacArthur Foundation und Karma Capital.

Was war euer größter Erfolg der vergangenen Monate?

Im April haben wir entschieden, den Media Forward Fund zu gründen, am 1. Juli haben wir ihn zusammen mit der ersten Ausschreibung gelauncht, bis September hatten wir 136 Bewerbungen, im Dezember vier Förderpartner. Ich finde stark, was dieses winzige Team unseres Start-ups geleistet hat, und wie gut die Zusammenarbeit mit unseren Geldgebern, der Jury und unserem Expert:innenrat auf Anhieb funktioniert.

Was bereitet dir aktuell Kopfschmerzen?

Die Nachrichten über Einsparungen in Redaktionen werden immer häufiger, in so vielen Häusern fällt den Verantwortlichen nicht mehr ein, als am Journalismus zu sparen. Das löst eine Abwärtsspirale nach unten aus: Die Medienvielfalt schrumpft immer weiter.

Was ist euer Beitrag zu einer pluralen Medienlandschaft?

Die Polarisierung unserer Gesellschaft bei zugleich schwächelnden Medien ist eine Gefahr für die Demokratie. Wir fördern jene, die ins Risiko gehen und gute Ansätze haben, den Journalismus zu finanzieren – und die nun das Geld brauchen, um diese Ideen zum Wachstum zu bringen. Wir dokumentieren öffentlich, was unsere Förderpartner dabei lernen, sodass alle gemeinwohlorientierten Medien diese Modelle auch bei sich selbst anwenden können.

Was braucht der Journalismus ganz dringend?

"Der Journalismus braucht jetzt viel mehr Geld von viel mehr Menschen", sagt Hans Schöpflin, Stifter der Schöpflin Stiftung, zu anderen Stiftungen und wohlhabenden Menschen. "Was auch immer Ihr erstes Förderziel ist: Journalismus sollte Ihr zweites sein", sagt John Palfrey, Präsident der MacArthur Foundation, zu anderen Stiftungen. Beide haben recht.

Was sollte man sich jetzt unbedingt ansehen?

Ich lese gerne die Newsletter von Tsüri über Zürich, von Bajour über Basel und Hauptstadt über Bern. Die Kolleg:innen in der Schweiz haben den Code geknackt, wie man junge Menschen mit einer zugänglichen Ansprache auf Augenhöhe für Lokaljournalismus interessiert. Davon kann man viel lernen.

Foto: Peter Rigaud

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